D&D-Tip: Persönliche BH-Beratung in Hannover

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Sonntag, 16. Juni 2013

Kleine Ethik des Wäschekaufs: Just a little respect...

Ihr erinnert euch vielleicht  noch an meinen kleinen Roman von vor drei Wochen zum BH-Shoppen? Den eigentlich wichtigsten Punkt habe ich damals verschoben, weil ich nicht mehr das Gefühl hatte, ihn noch vernünftig unterzubringen: Respekt. 

Zur Einstimmung aufs Thema, eine Runde Aretha Franklin:

RESPECT von Otis Redding,
gesungen von Aretha Franklin (1967)

Eigentlich ist es seltsam, daß ich überhaupt das Bedürfnis verspüre über dieses Thema zu schreiben. Man möchte meinen, das sei doch selbstverständlich, daß man sich mit gegenseitigem Respekt begegnet. Leider ist dem nicht so, warum auch immer... meistens, so meine Einschätzung, hat es was mit Frustration zu tun.

Regel 1 im respektvollen Miteinander ist meiner Meinung das Gebot

Keine körpernormativen Aussagen!

Wer bei den Busenfreundinnen rumhängt, weiß schon, was ein Redeverbot über die üblichen "Frauenthemen" also alles was mit Optik, Schönheit und vermeintlichen körperlichen Unzulänglichkeiten zu tun hat, ausmachen kann. Auf eine schon beinahe magische Art rücken die sonst allgegenwärtigen Gedanken in den Hintergrund und es entsteht eine Form von Freiraum. Und genau dieser Raum ist notwendig für ein entspanntes Einkaufserlebnis - und zwar auf beiden Seiten.

Die meisten Frauen erleben den Besuch im Wäschegeschäft aus der Kundinnenperspektive und sind daher über eine Reihe schlechter Erfahrungen verbunden, aus denen eine besonders heraussticht: der Vorwurf 'komisch' zu sein. Wenn ein BH nicht paßt oder evtl. überhaupt nichts gefunden werden kann, was einigermaßen die richtige Größe hat, wird die Schuld häufig, wenn nicht sogar meistens, dem jeweils individuellen Körper gegeben nicht etwa dem Angebot.

Je weiter man vom imaginierten 'Normalkörper' entfernt ist, desto dreister werden oft die Erklärungen, warum man nichts passendes im Angebot hat. Das reicht dann von "Eigentlich brauchen Sie doch gar keinen BH" über "Haben Sie's schon mal in der Kinderabteilung (sic!) versucht?" und "Das geht eben nicht besser bei Ihren Brüsten." bis hin zu "Ich würde Ihnen zu einer Brust-OP raten." oder "Sie sind einfach zu dick/zu dünn/haben zu große oder kleine Brüste für Ihren Körper."

Das heißt, anstatt dem schlechten Körperbild vieler Kundinnen entgegen zu wirken, gießen Verkäuferinnen auch noch Öl ins Feuer. Das ist nicht nur moralisch bedenklich sondern auch unter Berücksichtigung von geschäftlichen Interessen ganz schön bescheuert. Mal ehrlich, wer kauft denn was in einem Laden, in dem man beleidigt wird?! Von der schlechten Publicity, die die ganze Sache noch zusätzlich nach sich zieht, mal ganz abgesehen!

Also, oberste Regel für eine Verkäuferin sollte sein, keinerlei Kommentare zum Körper ihrer Kundin abzugeben, sofern sie nicht die Passform eines BHs betreffen. Also keine Röllchenphobie schüren, keine Presswurstkommentare, auch nicht, wenn eine Frau sich in zu kleine Höschen quetscht, weil ihr Selbstbild an der Konfektionsgröße hängt - das ist alles Geschmacksache und geht einen als Bra Fitterin einfach nichts an.

Natürlich gibt es unter dem Gesichtspunkt Verletzlichkeit bzgl. Körpernormen eine recht klare Hierarchie beim Wäschekauf. Eine Verkäuferin ist in ihrer 'Homezone', einem Raum in dem sie sich auskennt, sie hat die Kontrolle über den Warenbestand, den Status einer Fachkraft und vor allem: sie  bleibt angezogen. Allerdings kann sie umgekehrt auch mit allerhand unfreundlichen Kommentaren bedacht werden. Einer meiner Lieblinge ist "Haben Sie auch normale Größen?"

Also, wie bitte?! Normale Größen?!
Die ganze Sache mit den normalen Größen und den Über- oder Untergrößen, das geht so einfach gar nicht. Ich meine, was sind denn das für Kategorien? Für Normal-, Über- und Untermenschen?

Genauso ist es u.U. verletzend, wenn angenommen wird, Kompetenz hinge am eigenen Erfahrungshintergrund. Klar, macht es das vielleicht einfacher, aber eine Bra Fitterin kann sich doch nie hundertpro in andere Frauen reinversetzen, auch nicht, wenn man ungefähr die selbe Figur hat. Manche Frauen mögen Unterbrustbänder enger, manche weiter, einige sind empfindlich, andere wiederum nicht...
Es gehört dazu, daß  man sich auf die Vielfalt einläßt - sonst kann man nicht gut beraten.

Zweites Gebot: Allgemeine Höflichkeitsregeln einhalten!

Auch hier: traurig, daß man das überhaupt sagen muß, aber offensichtlich ist das nicht so selbstverständlich. Frauen haben gerade untereinander eine Tendenz sich anzuzicken. Möglicherweise ist das eine Kompensation für die Ahnung, daß man gleichermaßen einer marginalisierten Gruppe angehört und darum darauf bedacht ist, möglichst weit oben in der Hackordnung zu landen. Wie dem auch sei, es kann nicht Ziel der Sache sein, eine Verkaufssituation in einen Machtkampf ausarten zu lassen. Weder ist die Verkäuferin ein Dienstmädchen, daß man nach Lust und Laune rumkommandieren kann (wir leben nicht mehr im Feudalismus and: This is not Downton Abbey!), noch ist eine Kundin ein unmündiges Sparschwein, das reglementiert und geplündert werden will.

Drittes Gebot: Offenheit

Niemand möchte gerne für blöd verkauft werden, ist doch ganz klar. Das heißt nicht, daß man ungefiltert sagen sollte, was man gerade denkt. (Siehe oben) Aber allgemein gesagt ist Lügen einfach nicht so cool. (Ja, ich weiß, das ist jetzt Kindergartenmoral) Es bringt nämlich niemanden wirklich weiter.

Eine von den großen Problematiken beim Besuch von kleinen Geschäften und beim beratungsintensiven Wäschebusiness sowieso ist sich gegen das Primat des (Ver)Kaufs abzugrenzen. Ich bin sicher nicht die einzige, die einen großen Bogen um Boutiquen macht, weil ich nach einer Beratung immer das Gefühl habe, den Laden nicht verlassen kann ohne etwas gekauft zu haben. Umgekehrt ist es auch so, daß ein kleines Geschäft viel weniger Umsatz macht als eine Textilkette, in der man einfach in Ruhe gelassen wird (ob man möchte oder nicht ;-)), also auch auf jeden einzelnen Verkauf angewiesen ist.

Was das mit Offenheit zu tun hat? Zum einen, muß man sich als Verkäuferin klar werden, daß es wenig Sinn macht, jemanden zum Kaufen zu drängen. Klar kann man damit auf die Schnelle Geld machen, aber längerfristig schießt man sich damit ins eigene Bein, denn eine zufriedene Kundin bekommt man so nicht. Daran hängt auch die ganze Sache mit der Einschätzung der Passform: Wenn ein BH nicht gut sitzt, kann man das auch sagen. Die Entscheidung, ob sie damit leben kann, liegt schlußendlich bei der Kundin. D.h. statt ein Lügenmärchen von der super Passform oder der nicht besser machbaren zu spinnen, kann man auch einfach sagen: "Mit den Modellen die ich zur Verfügung habe, bekomme ich kein besseres Ergebnis hin."

Das bricht dann immerhin mit der Mär, daß es nichts besseres geben kann, als das eigene und beschränkte Sortiment hergibt. Niemand, auch nicht die best-informierteste Bra Fitterin, kann das ganze Angebot kennen. Man kann immer nur so gut sein, wie das Arbeitsmaterial das man zur Verfügung hat.

Umgekehrt ist es allerdings auch so, daß es für die Verkäuferin schöner ist, wenn sie mit einer netten Formulierung darüber unterrichtet wird, daß man Zeit braucht seine Vorstellungen zu reevaluieren oder noch andere Optionen ausprobieren möchte, als mit einem Drama-Queen-Abgang konfrontiert zu werden.

Respekt hat auch immer etwas damit zu tun, daß man sich in die Position der anderen Person reinversetzt und sie bis zu einem gewissen Grad toleriert/anerkennt - und sei es erst mal nur auf einem professionellen Level.

Ein durchdachtes, nett formuliertes Feedback, das auch die eigenen Wünsche mitreflektiert, ist für beide Seiten die beste Art mit Mißerfolgen umzugehen. Längerfristig geht es ja auch darum, den Service und das Angebot in Fachgeschäften zu verbessern, so daß man als Kundin dort auch gerne hingehen kann.

Soweit mein Wort zum Sonntag bzw. zur Ethik des BH-Kaufs. Ist auch schon wieder länger geworden als geplant, aber naja, mich kurz zu fassen ist einfach nicht meine geheimes Superkraft.

Wie immer freue ich mich über Anekdoten und Anmerkungen. :)

Cheers,
george

PS: Wie von Neeva angemerkt (Danke!) gehört zum Thema Respekt auch, nicht ungefragt angefaßt zu werden. Vgl. auch MiaRose's Beitrag, wie sie sich ein perfektes Bra Fitting vorstellt.

Andere verwandte Themen sind die Entscheidungshilfen für den Online-Kauf sein: BH-Suche 101, zweiter Teil: Richtig anprobieren... und dritter Teil: Behalten oder nicht behalten?
und natürlich der vorhergehende Beitrag Kleiner Leitfaden für den Besuch im BH-Fachgeschäft
 


Hey, ich bin george und schlecht darin, mich kurz zu fassen. Ich tummle mich mit multiplen Persönlichkeiten im Netz, einige kennen mich vielleicht unter meinem Terry Pratchett-Pseudonym. Zu meinen Hobbies gehört Nörgeln, Kaffeetrinken und Prokrastinieren. Mehr Persönliches gibt es im Jahresrückblick 2013 und auf meiner Vorstellungsseite. [x]

6 comments

Neeva
17. Juni 2013 um 17:25

Zu den Höflichkeitsregeln gehört auch, die Kundin NICHT ungefragt anzufassen. Das hat mich mal nachhaltig verstört.
Und natürlich fragt man als Kundin in neutraler Formulierung, welche Größen vorrätig sind.

17. Juni 2013 um 20:29

@Neeva

Ja, da hast du total recht. Mir fällt bei der Gelegenheit auf, daß ich noch mal den Beitrag von MiaRose zur perfekten Bra Fitting-Erfahrung verlinken könnte, den ich beim letzten Posting noch erwähnt hatte.
:)

17. Juni 2013 um 22:43

Hi george,

es gehört schon viel Feingefühl dazu, um sich freundlich und gleichzeitig bestimmt zu verhalten. Grade in unserer "Meckerstadt" Berlin merke ich oft, wie wichtig gegenseitiger Respekt und freundlicher Umgang sind. BH-Kauf ist ja vor allem Vertrauenssache. Da muss man den/die Verkäufer/in schon nah an sich heran lassen. Gerade mit Respekt haben aber viele Probleme. Aber ich stimme Dir zu, wenn man sich nur ein wenig in das Gegenüber hinein versetzt, dann wird man selbst auch viel entspannter. Es geht also auch ohne vorher mehrere Semester Psychologie zu studieren. Ich bin ja hin und wieder mal bei Doppel-D auf einen Kaffee und ich habe selten so viele glückliche Gesichter gesehen. Für mich ein sicheres Zeichen, dass es funktioniert.

23. Juni 2013 um 15:00

@BraBerliner
Danke für deinen Kommentar. :)

Bra Fitting ist ja, wie so vieles, auch eine Frage der Persönlichkeit. Manche Frauen sind da eher forsch, andere eher zurückhaltend. Gerade bei DD kann man IMO ganz gut sehen, wie unterschiedlich das bisweilen so ist. Weswegen es dann eigentlich doch immer funktioniert, ist wahrscheinlich die lockere, freundliche und schon irgendwie familiäre Atmosphäre, in der sich das alles irgendwie zusammenfindet.

Wenn ich so höre, was Frauen von anderen BH-Läden berichten, dann fehlt wohl häufig einfach der Wohlfühlfaktor beim BH-Kauf. Und das ist doch eigentlich das Wichtigste. Neben dem passenden BH natürlich... :)

Anonym
8. Juli 2013 um 21:16

Ich bin über busenfreundinnen hier gelandet - tolle Seite!! Also, sowohl diese hier als auch der drueberunddrunter-blog ;)
Über erstgenannten blog habe ich nun endlich die richtige größe für mich gefunden! ich muss zugeben, dass ich rückblickend immer in die falsche richtung gedacht habe (zB statt 75B dann zu 80A - am ende hat alles nur mehr schlecht als recht gepasst). mit meiner neu berechneten BH-größe bin ich also direkt mal in ein großes wäsche-fachgeschäft gewackelt.
ich: haben Sie auch BHs in größe 65E bzw. 70D/E? weil ich habe das gefühl, dass meine bisherige größe nicht richtig passt und habe mich belesen etc.
sie: 65???? das gibt es hier nicht. sowas gibt es nur in der kinderabteilung
ich: na, aber in großbritanien soll es doch solche größen geben und ich dachte...
sie: wir haben sowas nicht. in england haben die doch ein anderes system.
ich: mmhhh ok...
sie: ich kann ja mal messen
ich: naja, ich hab schon alles vermessen
- gut wir vermessen also -
sie: also 70 ist aber schon sehr eng
ich: na, ich trage ja noch ein t-shirt und eine strickjacke - ich würde es vielleicht trotzdem mal ganz gern mit einer 70D probieren
sie: ich mache das hier schon seit 43 jahren: 70 ist zu eng
ich: ich würde es trotzdem gern probieren
sie: (augenroll) na gut.
ich habe dann eine 70D probiert. die überraschung in ihren augen... denn 70D war in bezug auf den cup zu klein. 70E hatten sie noch genau einmal da. hat aber irgendwie auch nicht gepasst.

mein fazit: ich war froh, dass ichs nach dem kinderabteilungsspruch durchgezogen habe, denn ich war innerlich nach diesem kommentar doch etwas peinlich berüht!

13. Juli 2013 um 18:38

@Anonym

Ja, manche Verkäufer_innen sind da alles andere als hilfreich und handeln nach dem Motto, das was ich nicht verkauf gibt es nicht. Wenn zu diesem Unwissen noch Arroganz hinzukommt, dann ist das meist ein Rezept für Desaster. Es tut mir leid, dass du an so jemanden geraten bist, denn es geht definitiv auch anders!

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